Der Mangel an Personal ist für Europas Unternehmen eine große Herausforderung. Die Zahl der Arbeitslosen ist niedrig wie nie zuvor, dennoch ist gleichzeitig die Zahl der offenen Stellen hoch wie nie zuvor. Es fehlt an Kellner*innen, Logistiker*innen, Flughafenpersonal, Lastwagenfahrer*innen, Krankenpfleger*innen, Ingenieur*innen, IT-Kräften … Es könnte immer so weiter gehen. Dreiviertel der Unternehmen haben Schwierigkeiten bei der Suche nach Fachkräften, nur 27 % der Erwachsenen in Europa machen eine Weiterbildung und vier von zehn Erwachsene sowie jede dritte Arbeitskraft in der Europäischen Union hat keine grundlegenden digitalen Kompetenzen.(1) Die drastischen Folgen des Fachkräftemangels sind steigende Arbeitskosten, Mehrbelastung der vorhandenen Belegschaft, Einschränkungen bis hin zur Anpassung der Angebotspalette. In der Konsequenz ist der Fachkräftemangel das größte Investitionshindernis für Unternehmen in Europa.(2)
Die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen hat das Problem des Fachkräftemangels deutlich erkannt und schlussfolgerte daher in ihrer Rede zur Lage der Union am 14. September 2022, dass mehr in die Aus- und Weiterbildung investiert werden muss, und wirbt für die Anwerbung von Fachkräften aus dem nicht europäischen Ausland. Sie legte damit in dieser Rede den Grundstein für „Das europäische Jahr der Kompetenzen“, der am 12. Oktober 2022 von der Europäischen Kommission angenommen und ausgearbeitet wurde.(3) Im Europäischen Jahr der Kompetenzen möchte die Europäische Kommission die Wettbewerbsfähigkeit, Teilhabe und Talente fördern, indem neue Impulse für das lebenslanges Lernen gesetzt werden.(4) Dies soll gemeinsam mit dem Europäischen Parlament, den Mitgliedsstaaten, den Sozialpartner*innen, öffentlichen und privaten Arbeitsvermittlungsstellen, Industrie- und Handelskammern, Einrichtung der allgemeinen und beruflichen Bildung, Arbeitnehmer*innen sowie Unternehmen geschehen.(5)
Europas größte Stärke liegt in jedem Einzelnen von uns. [...] Europa muss attraktiver werden für die, die etwas können und sich einbringen wollen.
Urusla von der Leyen in ihrer Rede zur Lage der Union 2022
Was hat hat die EU vor?
Hauptsächlich sollen die Investitionen in die Aus- und Weiterbildung gesteigert werden. Weiterbildungen und Umschulungen können das Potenzial der Arbeitskräfte massiv verbessern und Menschen bei einem Wechsel des Arbeitsplatzes unterstützen. Hinzu kommt der Impuls, dass in Zusammenarbeit mit Unternehmen und Sozialpartner*innen die arbeitsmarktrelevanten Kompetenzen gewährleistet werden. Mit den entsprechenden Kompetenzen sollen die Menschen in die Lage versetzt werden, die Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt erfolgreich bewältigen und somit uneingeschränkt an der Gesellschaft sowie der Demokratie teilhaben zu können.
Ein weiteres Vorhaben soll die Abstimmung der Ziele, Wünsche sowie Kompetenzen der Menschen mit den auf dem Arbeitsmarkt angebotenen Chancen sein. Hierbei muss der Fokus insbesondere darauf gesetzt werden, die Arbeitskräfte hinsichtlich des ökologischen und digitalen Wandels vorzubereiten, aus- und weiterzubilden. Es ist wichtig, einen Schwerpunkt auf junge Menschen und Frauen zu legen, die weder einer Ausbildung oder einer Beschäftigung nachgehen.
Außerdem sollen Personen aus dem nicht europäischen Ausland mit den in der Union benötigten Kompetenzen ausgestattet und angeworben werden. Hierbei spielt insbesondere die Anerkennung von Qualifikationen, die im Ausland erworben wurden, eine sehr große Rolle.
Damit der Kampf gegen den Fachkräftemangel mit mehr Investitionen in Aus- und Weiterbildung, den Erwerb von arbeitsmarktrelevanten Kompetenzen sowie der Anwerbung von Drittstaatsangehörigen im Europäischen Jahr der Kompetenzen 2023 angegangen werden kann, werden nun das Europäische Parlament und der Rat den Vorschlag der Kommission unter Berücksichtigung der Stellungnahmen des europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses sowie des Ausschusses der Regionen erörtern.(6)
Good to know:
Europäische Jahre werden schon seit den 1980er Jahren ausgerufen. Die Europäische Union setzt hierbei stets ein Thema als Schwerpunkt des kommenden Jahres. In einer umfangreichen Kampagne wird so Aufmerksamkeit geschaffen, werden Debatten zwischen Mitgliedsstaaten intensiviert und Veränderungen vorangetrieben. Die Europäische Kommission, das Europäische Parlament und die Regierungen der Mitgliedsstaaten einigen sich auf einen Schwerpunkt und dessen Umsetzung. Für die Vorhaben rund um das Europäische Jahr werden besondere finanzielle Mittel bereitgestellt sowie grenzübergreifende Projekte gefördert. 2022 war das Europä-
ische Jahr der Jugend. Mehr Informationen dazu findest du auf dem Europäischen Jugendportal über den QR-Code oben rechts.
Quellen
(1) Europäische Kommission, 2022: Kommission lanciert Europäisches Jahr der Kompetenzen, online ec.europa.eu [05.11.22].
(2) Europäische Investitionsbank, 2018: Fachkräftemangel – die größte Investitionshürde, online eib.org [04.11.22].
(3) Europäische Kommission, 2022: Rede von Präsidentin von der Leyen zur Lage der Union 2022, online ec.europa.eu [04.11.22].
(4) Europäische Kommission, 2022: Die Kommission möchte Ihre Meinung einholen, online ec.europa.eu [05.11.22].
(5) Europäische Kommission, Vertretung in Deutschland, 2022: EU-Kommission gibt Startschuss für das Europäische Jahr der Kompetenzen 2023, online germany.representation.ec.europa.eu [05.11.22].
(6) Rat der Gemeinden und Regionen Europas, Deutsche Sektion, 2022: Vorschlag für ein Europäisches Jahr der Kompetenzen 2023, online rgre.de [07.11.22].
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